Samstag, 16. Juni 2007

Aus

Gestern Abend war ich noch mit zwei Kollegen aus. Das Angenehme, wenn man mit Männern ausgeht, ist, dass es in der Regel nicht um Themen wie Kissenbezüge, Röcke oder sonstige Dinge geht, zu denen ich keine Meinung habe. Naja, vielleicht habe ich zu Röcken eine. Jedenfalls war ich trotzdem von dem Gespräch sehr genervt. Seit einem Jahr kann man in keine Bar gehen, ohne dass sich die Konversation Gin, dem aktuellen In-Getränk, zuwendet. Langweilig, langweilig. Davor war es Whiskey, noch langweiliger. Ich kann mich nicht dazu überwinden über eines von beiden zu sprechen oder zu schreiben, so unglaublich öde sind die technischen Details der Herstellung und des Geschmacks. Ich habe schnell viel Rum getrunken; in einer rebellischen Anwandlung sogar Havana Club statt der üblichen nicht-kommunistischen Nobelmarke. Die Kollegen waren dann auch schnell ordentlich im Eimer, sie mussten ja an mir dran bleiben. Auch eine Art sowas abzukürzen.

Heute sitze ich wieder in meinem Büro in der Stadt, die mir wie ein einziges großes Büro vorkommt, und freue mich auf die Rückkehr in meine Wohnung in der immer noch meine Studentenmöbel stehen, weil ich nie Zeit hatte andere zu kaufen. Großartig.

Freitag, 15. Juni 2007

Reichensteuer

Ich zitiere aus dem aktuellen BRAK-Magazin, heute erschienen:

"Das Herz der Anwaltschaft (Handelsblatt: "Die besten Wirtschaftsanwälte..."), also die, die noch keine Aufnahme im sog. "Hartz IV-Club" als bundesdeutschem Massenphänomen der vielzitierten Juristenschwemme gefunden haben sollten, ist das Ziel der "Reichensteuer". Der Gesetzgeber hat allerdings das Kunststück geschafft, im Veranlagungszeitraum 2007 die so genannten Gewinneinkünfte durch einen Entlastungsbetrag von der Reichensteuer auszunehmen, so dass in 2007 nur angestellte Rechtsanwälte/innen in den Genuss des Spitzensteuersatzes von 45% kommen können."
Hurra.

Fehler die man besser nicht macht

Rollonfriday berichtet über einen sehr netten Fehler, von dessen Nachahmung ich abraten möchte.

From: Corporate trainee
Sent: 8 June 2007
To: Corporate solicitor
Subject: So embarrassed - you can laugh out loud but don't tell anyone!

I just sent an email to a company director with a contact for him to call. I typed the number wrong and it is a porn line.
Und wenn es nicht wahr ist, so ist es doch zumindest gut ausgedacht.

Stilbasics 2

Man kann natürlich diese ganzen Stilfibeln lesen und weiß nachher, wie sich die Krawattenmode in den letzten fünf Jahrhunderten entwickelt hat und was ein fallendes und was ein ansteigendes Revers ist und noch ganz viele unnütze Dinge. Was man danach nicht weiß ist, wie man geschickt Geschmack, über den man möglicherweise nicht in ausreichendem Maße verfügt, vortäuscht.

Deshalb folgende, ganz einfache Tricks:

1. Schauen Sie, was die Partner ihrer Firma und die Partner anderer Firmen tragen. Addieren Sie dies und teilen es durch die Anzahl der Chefs. Von diesem Durchschnitt sollten sie sich nicht weiter entfernen, als sie den Münchner HGB Kommentar werfen können.
2. Legen Sie sich fest. Tragen sie nur Hugo-Boss-Hemden mit Monogram, immer nur gepunktete Krawatten, immer Emporio-Armani-Parfüm, immer ein Einstecktuch, egal was, aber legen Sie ich fest und bleiben dabei.

Man wird das für Stil halten. Und das Beste: Bei geschickter Kombination und Abweichung von Ihren Kollegen wird man es für Ihren Stil halten.

Donnerstag, 14. Juni 2007

Bewerberchen

Das Bewerberchen hat tatsächlich eine Absage bekommen. Obwohl wir dringend Leute suchen. Wenn das so weitergeht, haben wir bald mehr Partner als (funktionierende) Associates.

Trittbrett

Ich werde einen Großkanzlei-Kleinkanzlei-Streit genauso wenig kommentieren, wie irgendwelche Trittbrettfahrer oder die verqueren Kommentare eines gewissen Kreuzberger Kollegens. Wir spielen nicht nur in unterschiedlichen Ligen, sondern sogar ein vollkommen anderes Spiel. Günter Netzer kommentiert ja auch nicht die PGA Tour.

So, und nun zurück zur Arbeit und zwischendurch zum eigenen Content. An der Generierung von Meta-Content bin ich nicht weiter interessiert.

Wärme

Das Essen war furchtbar. Wie schafft man es bei diesem Wetter kalte Pasta zu servieren? Dafür war der Salat welk. On a brighter Note: Die steigenden Außentemperaturen führen zu fallenden Textilien bei den Damen.

Ich selbst habe mir mit den üblichen Tricks das Schwitzen abgewöhnt: Baumwollhemd, Leinenanzug, Rasur, hartes Deo. So kann ich weiter alle Knöpfe am Hemd geschlossen halten und sehe am Abend trotzdem noch frisch aus.

Fensterstrategie

Gerade waren Handwerker hier und haben vor dem einzigen Fenster vom Büro von Verlierer-Associate eine Stellwand angebracht. Ihm einen Raum mit nur einem Fenster zu geben fand ich schon relativ hart. Vor allem wenn man bedenkt, dass er nur einfach ungeschickt war und für einfache Arbeiten durchaus noch zu gebrauchen wäre.

Zu Rechtfertigung wurde noch ein Clipchart auf die Stellwand aufgeklebt. Man darf gespannt sein, was er dazu sagt, wenn er demnächst von der Due-Diligence in Süd-Ost-Europa wiederkommt. Und da ist Süd-Ost-Europa noch freundlich ausgedrückt ... Aber da die halbe Welt gerade ihre Utilities verscherbelt, müssen manche Anwälte halt in solch barbarische Gefilde reisen.

Mittwoch, 13. Juni 2007

Rettungsanker

Stinkesekretärin war gerade hier, um mich mit ihrer neuesten Liebschaft zu langweilen/anzuekeln. Ein weniger lebenserfahrener Mensch würde es für ausgeschlossen haben, dass jemand wie Stinkesekretärin irgendwelche Männer einfängt. Ich hingegeben bin diesbezüglich desillusioniert: Letztes Jahr hat sie einen handtätowierten, ehemaligen Strafgefangenen mit zum Sommerfest gebracht.

Aber zurück zu meiner aktuellen Begegnung mit dem Pesthauch. Ich habe nun immer eine E-Mail in meinem Outlook Draft Ordner mit dem folgenden Inhalt:

"To: Gewinner-Associate
Subject: Rettungsanker"


Wir haben einen Pakt geschlossen. Wenn einer von uns diese E-Mail erhält, ruft er den anderen an. Der guckt dann Stinkesekretärin entschuldigend an, zuckt die Schultern, dreht sich weg und redet irgendetwas in den Hörer, wie sonst auch. Was soll ich sagen, es hat natürlich funktioniert.

Jetzt redet sie gerade auf meine Sekretärin ein. Tja, Pech. Wenn die beste Sekretärin deshalb nicht mit ihrem Kram fertig wird, muss sie wohl länger bleiben. Aber das kriegt sie schon hin. Sie bucht ja auch in letzter Minute gute Tische beim angesagten Brasilianer. Die Frau ist ein Wunder.

Stilbasics

Wenn ich so die Kommentare moderiere, befällt mich ein messianischer Eifer, meine werte Leserschaft zu bilden. In dem sicheren Wissen, bei manch Einem oder Einer damit Eulen nach Athen zu tragen, verkünde ich folgende Weisheit:

Man muss sieben Knoten können:
Einfacher Knoten und Schleife, um die Schuhe nicht zu verlieren.
Doppelter Krawattenknoten, für schmale Tab-Kragen, Button-down Hemden etc.
Windsor, für breite Kragen, Haifisch etc.
Fliegenknoten, damit man auch im Smoking was um den Hals hat.
Palstek, für die Rettung in der Not.
Belegen an der Klampe, damit das Segel oben und das Boot am Steg bleibt.

Und um es mit dem Nutzwert nicht zu übertreiben, dürfen Sie die Knoten bitte selbst googlen. So, das war es für heute an Apodiktik. Der Tag kann kommen.

Dienstag, 12. Juni 2007

Appell

Bitte, liebe Kollegen, schließen Sie ihre Hemden und tragen Sie einen Langbinder! Ein solches Outfit empfinde ich als unwürdig. Wir sind doch nicht ... wo auch immer man so rumlaufen mag. Keine Ahnung, wo das sein könnte. Jedenfalls sind wir da nicht.

Noch ein Espresso!

Wandschmuck

Ich überlege meinen Wandschmuck auszutauschen. Nach dem ersten Jahr ungefähr sollte man sich ein Bild an die Wand hängen. Vorher wirkt es einfach sehr voreilig. Danach wirkt es, als ob man nicht bleiben wollte.

Einige neigen zu sehr persönlichen Sachen. Aber solche Menschen (Frauen) stellen sich auch Pflanzen ins Büro. Das kommt für mich nicht in Frage. Handgemalte Bilder der eigenen Kinder sind eine weitere Möglichkeit, die im Prinzip daneben steht, obwohl sie sehr persönlich ist. Kinderbilder verweisen auf ein (vorgeblich) intaktes Familienleben. Dies gepaart mit übermäßigem Arbeitseinsatz soll zur Bewunderung durch Kollegen und Partner führen. Mangels Familie kommt das für mich nicht in Betracht. Ich habe ja nicht mal Patenkinder. Ich hatte bisher schon immer ein Bild hier hängen, das ich aus naheliegenden Gründen nicht nennen kann.

Mein Gedankengang bezüglich eines neuen Bildes verlief ungefähr so: Zuerst hatte ich mir etwas leicht künstlerisches, das ein klein wenig nach Grandezza und ganz stark nach Ehrgeiz aussieht, vorgestellt : Ein Bild von Hopper mit zwei Segelyachten, die sich von einer Lee-Küste freisegeln. Aber Hopper ist ja nicht erst seit gestern ikea-isiert, will heißen, allgegenwärtig und allseitig abgenutzt. Danach, und bis jetzt, hatte ich an einen Malewitsch Kunstdruck gedacht. Sehr minimal, suprematistisch. Das erscheint mir mittlerweile aber übertrieben aggressiv. Hat die werte Leserschaft Vorschläge? Es sollte hinreichend ehrgeizig, aber nicht zu gefährlich wirken. Seriös, aber nicht zu überlegen. Schlau, aber nicht besserwisserisch. Gefällig, aber nicht so eintönig, dass ich nach einem Monat des Anstarrens einen Schreikrampf bekomme.

Als ich aus der Telefonkonferenz kam, hat mich übrigens ein großes Subway Sandwich auf meinem Schreibtisch erwartet. Meine Sekretärin ist die Beste. Jetzt ist mir nicht mehr schwindelig, sondern nur noch ein bisschen übel, Subway-übel halt. Meinetwegen kann sie weiterhin weite violette Strickpullover tragen. Ich bemerke gerade, dass ich wenig inkohärent bin .... am besten lasse ich mir noch einen doppelten Espresso bringen.

Der große Schwindel

Gestern habe ich bis 2 Uhr noch an einem Vertragsentwurf gesessen und ihn dann rausgeschickt. Der verrückte Mandant hat mich heute morgen um 8 angerufen, um ihn mit mir durchzugehen und noch Änderungswünsche anzubringen. Schläft der eigentlich nie? Die Änderungen habe ich gerade umgesetzt und den neuen Entwurf rausgeschickt. Seit gestern Mittag habe ich nichts mehr gegessen und jetzt ist mir leicht schwindelig. Heute habe ich schon fünf Mal in mein Online-Banking geguckt, um meine Top-Motivation aufrecht zu erhalten. Jetzt geht es in eine Telefonkonferenz ... bis heute nachmittag.

Montag, 11. Juni 2007

Marketing

The Lawyer berichtet:

"We have been working to reach an agreement with a number of our former partners to recover money due and owing to the firm. Regretfully we have been unable to resolve the matter with every such partner, and as a result we have today (11 June 2007) issued proceedings against 14 former partners."


Definitiv ein kluger Schachzug, der ein gutes Licht auf alle Beteiligten wirft. Ich würde meinen, Hammonds ist ein ganz heißer Anwärter auf den Preis für das beste Marketing 2007. Und 2008. Und vielleicht auch noch 2009.

Dies ist auch ein guter Anlass, an dieses tolle Memo von 2002 zu erinnern. Großartiges Marketing! Für die Lesefaulen: Eine unique selling proposition findet sich unter Punkt II.A.

Verlierer-Associate

Verlierer-Associate hat heute ein neues Büro bekommen: Einen ehemaliger Aktenraum.

Der Vorteil: Er hat jetzt viel Regalfläche. Der Nachteil: Er hat nur noch ein Fenster und einen Sekretärinnenschreibtisch und -stuhl. Also Resopal statt Holz und Stoff statt Leder. Mal sehen, wann er zusammenbricht.

Mandantenessen

Heute haben wir mit den Mandanten, die vormittags zur Besprechung hier waren, gegessen. Ungefähr alle 6 Minuten hat einer von uns etwas Geschäftliches angesprochen. Warum? Weil pro angefangene 6 Minuten abgerechnet wird. Und schon haben wir nicht nur ein gratis Mittagessen bekommen (es wird dem Mandanten in Rechnung gestellt), sondern auch noch jeder eine Stunde abgerechnet. Macht dann noch mal 1500 Euro. Fleißige Bienchen sind wir.

Stilistisch: Auf Mandantenseite alle mit Brillen, auf unserer Seite alle mit Kontaktlinsen. Sogar der anwesende Partner, der sonst meist Brille trägt. Verrückter Zufall.

IT

Der Typ aus der IT stand gerade mit mir im Aufzug und hat mir dreist zugezwinkert. Das verheißt nichts Gutes. Dieser Schlag von Mensch ist nicht zu unterschätzen. Viele meiner Kollegen sehen die IT-Typen ja nur als Computer-Hausmeister, Wechsler von virtuellen Glühbirnen, Reiniger von Bildschirmoberflächen. Das ist aber eine gefährliche Fehleinschätzung. Ich habe letztens einen beim Minesweeper spielen beobachtet ... nicht schlecht, gar nicht schlecht. Wer über solche analytischen Fähigkeiten verfügt, den sollte man nicht grundlos reizen.

Sonntag, 10. Juni 2007

Lockeres Wochenende

Ich hatte ein lockeres Wochenende. Samstag vormittag war ich nur noch kurz vier Stunden im Büro, natürlich casually dressed. Danach bin ich zur Wäscherei gefahren, meine schmutzigen Hemden abgeben und die gewaschenen Hemden abholen. Die haben schon wieder die Preise erhöht. Danach im Supermarkt Bier gekauft und zu Hause American Psycho weitergelesen. Mir war früher gar nicht aufgefallen, dass sich die Handlung offenbar über Monate erstreckt und ja auch erstrecken muss, weil die Arbeitszeit aus der Erzählung ganz ausgeklammert ist.

Heute war ich joggen. Dabei habe ich aufgepasst, nicht zu viel in der Sonne zu laufen. Zu viel Blässe mag ungesund wirken, aber zu viel Bräune wirkt in jedem Fall faul. Ich gelte lieber als ungesund-blass-aber-tapfer-bei-der-Arbeit, als als in-der-reichlichen-Freizeit-gut-gebräunt. Nachmittags ist mir ein bisschen langweilig geworden. Ich habe mich ins Firmennetzwerk eingeloggt und etwas von zu Hause gearbeitet . Dadurch hat sich auch noch ein Telefonat mit dem Banker ergeben, der das aktuelle Projekt von der Bankenseite betreut. Er wollte von mir die Chance des Totalausfalls wissen. In Prozent. Der Spinner, als ob ich mich so festnageln lassen würde. Habe was gefaselt von in Anbetracht der Umstände, nach derzeitiger Kenntnis der Fakten- und Wirtschaftslage, schwierig zu sagen, kommt ganz drauf an und schließlich: wäre wohl auf unter 50% zu schätzen. Die Zahl kann ihn nicht überrascht haben: Natürlich ist die Totalausfallchance geringer als 50% ... sonst würde die Mandantin sich wohl kaum damit befassen, haha. Aber ich wäre nicht da, wo ich bin, wenn ich mich auf so etwas festlegen lassen würde.